Seit rund 20 Jahren ist Frieder Feldmann Pressesprecher der Düsseldorfer EG und damit länger im Amt als jeder andere im Verein. Das Urgestein des Düsseldorfer Eishockeys spricht im Interview über „Rock ’n’ Roll“ in der Pressearbeit und seinen unkonventionellen Schlüssel zum Erfolg.
Frieder, du bist seit 2001 Pressesprecher bei der DEG. Wie bist du dahin gekommen?
Nach dem Studium (Sport, Geschichte und Politik) war ich Mitbegründer und Geschäftsführer der Düsseldorfer Sportzeitschrift „Die Sport-(Illustrierte)“. Heute würde man Start-Up dazu sagen. Parallel dazu habe ich die Pressearbeit für die Destination Düsseldorf gemacht. Das ist eine Wirtschaftsvereinigung von ca. 150 hiesigen Unternehmen, die beispielsweise die Düsseldorfer Jazz Rally und das große Frankreichfest organisiert.
Das mache ich übrigens noch bis heute zusätzlich zur DEG. Ich war außerdem schon immer ein ziemlicher Sport-Nerd, ein Fortuna-Allesfahrer und enger DEG-Freund (nicht immer).
Im Jahr 2001 suchte die DEG einen Pressesprecher und ich wurde empfohlen. Dass ich einiges an der 90er Jahre DEG nicht besonders mochte, war beim Vorstellungsgespräch eher von Vorteil. Die DEG von 2001 litt ziemlich unter einigen wirtschaftlichen und juristischen Nachwirkungen der sportlich erfolgreichen 90er Jahre. So fing ich an und bin bis heute dabei. Das könnte in dieser Aufgabe rekordverdächtig sein.
Welche Skills sind in deinem Job als Pressesprecher am wichtigsten?
Dieser Beruf ist eine Mischung aus journalistischer Dienstleistung, Kreativität und fröhlichem Irrsinn. Das versuche ich auszufüllen.
Du bist als Pressesprecher bekannt dafür, mit deinen PR-Aktionen Konventionen zu brechen. Hast du vorher über die Konsequenzen nachgedacht, als du 2018 zusammen mit Campino von den Toten Hosen den DEG-Sticker auf den Bus der Kölner Haie geklebt hast?
Ich denke, der Trick ist, dass man kreative Ideen nicht ganz zu Ende denken darf. Denn wenn man das tut, findet man zu viele „Abers“ und „Was passiert, wenn“-Hemmnisse. Wir haben vor einiger Zeit mal mitten in der Nacht die Düsseldorfer Denkmäler „überfallen“ und rot-gelb behängt. Wenn man das sauber aufschreibt, lässt man die Idee ziemlich schnell fallen.
Wer könnte alles beleidigt sein, wie ist genau die Rechtslage, was sagen Versicherungen oder was ist, wenn jemand runterfällt? Ohne ein bisschen Rock ’n’ Roll verteilt man eben nur Flyer.
Wobei wir manchmal auch fast gescheitert sind. 2019 haben wir die Spieler den DEG- und den Kölner Haie-Bus als irren Wettkampf durch die Dormagener Innenstadt ziehen lassen. Da waren auf einmal so viele Zuschauer, dass das sicherheitstechnisch auch leicht hätte schief gehen können. Ein bisschen Glück gehört auch dazu.
Wie hast du die Aktion mit dem Haie- Bus damals geplant?
Ich hatte durch einen Zufall den DEG-Bus von oben gesehen. Der war von oben weiß. Das überraschte mich, weil der sonst sehr martialisch schwarz bemalt ist. Aber Busse sieht man eben selten von oben. Diese Erkenntnis habe ich dann grübelnd einige Badewannen-Gänge mit mir rumgetragen. Denn wenn man den DEG-Bus nicht von oben sieht, dann andere auch nicht. Auch nicht den der Kölner Haie. Also kann – oder besser: muss! – man da doch was machen!
Das war die Basis dieser Idee. Der Rest war Handwerk. Erstellung von großen Aufklebern, das Timing am Derby-Spieltag, Kamerapositionen auf den Gebäuden rund um den ISS DOME, eine Drohne, Absprache mit den Toten Hosen, die Geheimhaltung etc. Dass Campino dabei war, hat sich übrigens erst drei Minuten vorher wirklich ergeben, weil ich die Zusage-WhatsApp am Spieltag übersehen hatte.
Lustig war auch, dass der Kölner Busfahrer geraucht hat und deshalb alle 15 Minuten vor die Halle ging, um nach seinem Bus zu sehen. Wir hatten also nur ein kleines Zeitfenster. Also haben wir eine hübsche Kollegin abgestellt, den Busfahrer zu umgarnen und abzulenken, falls er überraschend früher zurück kommt. Das war alles ein bisschen wie bei „Mission Impossible“. Dass wir damit im Ergebnis in fast allen überregionalen Medien, bei Pro7, Sky, RTL etc. waren, war für die DEG und Eishockey insgesamt eine schöne Belohnung.
Gab es offiziell Ärger dafür?
Nein. Der Aufkleber durfte nur nicht zu fest sein, um den Bus ernsthaft zu beschädigen und nicht zu locker, um auf der Autobahn abzufallen und möglicherweise anderen Autos auf die Windschutzscheibe zu segeln und einen Unfall zu verursachen. Da sind wir wieder beim Stichwort „zwingend nötiger Rock ’n’ Roll-Faktor“. Dass die Haie keinen Ärger machen würden, habe ich einfach mal gehofft. Nach der Auflösung ein paar Tage später hat die Kölner Band Kasalla den Aufkleber fernsehgerecht abgenommen und am Ende ist er für 10.000 Euro versteigert worden. Ein großes Ende für eine kleine Badewannen-Idee.
Was unterscheidet deine Arbeit von der eines Fußball-Pressesprechers?
Fußball ist so groß geworden, dass man solch freche Ideen wohl kaum noch durchsetzen könnte. Da gibt es so viele Gremien. Generell muss man im Eishockey wie auch im Hand- oder Basketball viel mehr um Berichterstattung kämpfen. Dem Fußball fällt das eher alles einfach zu.
Ich denke, die anderen Sportarten können durchaus stolz darauf sein, dass wir – auch ohne allgegenwärtige Medienpräsenz – so viele tausend Menschen für unsere Sportarten begeistern und emotional an uns binden. Darauf darf man ruhig ein bisschen stolz sein.
Wie schätzt du die Zukunft der Presse-Arbeit ein? Werden soziale Medien die klassische PM bald ersetzen?
Die Clubs werden immer mehr zu ihren eigenen Medien-Häusern, die ihre Fans in ihrer „Blase“ bedienen. Andere Sportinteressierte bekommen das kaum noch mit. Mein Sohn erzählte neulich, dass er den Fortuna-Abstieg fast nicht mitbekommen hätte, weil das in seinen Timelines niemand groß thematisiert hätte.
Jeder lebt eben in seiner eigenen Medienwelt. Erstaunlich, aber so ist es wohl. Die klassischen Medien verlieren – leider – an Bedeutung.
Zum Abschluss: Wir wollen es nicht hoffen, aber stellen wir uns mal vor, die DEG gäbe es morgen nicht mehr. Könntest du nach 20 Jahren für einen anderen Verein arbeiten?
Es wäre zumindest ein Schock, woanders wohl nicht mehr die kreativen Freiheiten und die Rückendeckung zu haben, die ich hier genießen darf. Das wäre schon eine echte Umstellung. Von daher sollte es die DEG ruhig noch viele Jahre weiter geben…
Über Frieder Feldmann
Aus der Geschäftsstelle nicht mehr wegzudenken: Frieder Feldmann ist seit 2001 Pressesprecher der DEG.
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