Sportevent-Analyse (Teil 2) : Die drei Big Player bis 2025

scroll down!

Ein Blick hinter die Kulissen anstehender Sportgroßveranstaltungen, die in den kommenden Jahren in Deutschland stattfinden werden. Im zweiten Teil der Sportevent Analyse stehen das Multisport-Event European Championships 2022, sowie die EHF EURO 2024 und die UEFA EURO 2024 im Fokus. Für Sponsoren und Dienstleister im Sportbusiness bieten sich attraktive Business-Chancen und große Reichweiten. Ich habe mit den Verantwortlichen gesprochen und die wichtigsten Informationen zu zentralen Eckdaten und anstehenden Ausschreibungen aufbereitet.

Ein Sportevent aus dem Lehrbuch: 50 Jahre nach den Olympischen Spielen wird München zur urbanen Sport-Arena

Keyfacts

  • Termin: 11. – 21. August 2022
  • Ort: München
  • Budget: 130 Millionen Euro
  • Athleten: 4400
  • Veranstalter: Olympiapark München GmbH
  • Besonderheiten: Host Broadcasting in Eigenregie
  • Medienpartner in Deutschland: ARD und ZDF

Die European Championships Munich 2022 sind der Zusammenschluss der bestehenden Europameisterschaften von insgesamt neun Sportarten – Beachvolleyball, Kanu-Rennsport, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen. 4400 Athletinnen und Athleten werden an elf Tagen um insgesamt 158 Goldmedaillen kämpfen. Welchen besonderen Herausforderungen müssen sich die Organisatoren des größten Multisport-Events auf deutschem Boden seit den Olympischen Spielen 1972 in München stellen? Und wo bestehen noch Geschäftschancen für externe Dienstleister?

Drei Viertel des Gesamtbudgets aus öffentlicher Hand

Die Olympiapark München GmbH, eine Tochtergesellschaft der Stadt München, ist Veranstalter der European Championships. Für die Organisation und Durchführung wurde die S&K Marketing GmbH beauftragt. Unbeteiligt ist die Stadt München jedoch keineswegs: mit einem eigens abgestellten Kreis an Mitarbeitern ist sie ein aktiver Teil des Gestaltungsprozesses und sorgt für gut funktionierende Schnittstellen zu Ämtern und Genehmigungsbehörden. 

Auf der wirtschaftlichen Seite hat man mit jeweils 33 Millionen Euro von Bund, Land und Stadt eine stabile finanzielle Basis für das Sportevent geschaffen. Zusätzliche Einnahmen in Höhe von rund 30 Millionen Euro will das LOC unter anderem in den Bereichen Vermarktung, Ticketing, Merchandising und Broadcasting Services einnehmen. Die Inhouse-Sales-Abteilung hat angekündigt, ab Mitte 2021 die ersten Partnerschaften offiziell zu verkünden.

Sportevent mit starkem Fokus auf Stadtmarketing

Übergeordnetes Ziel der Veranstaltung ist, die komplette Stadt München auf verschiedenen Ebenen aktiv mit in das Event einzubeziehen. Dies will man erreichen, indem man für das Sportevent zusätzlich zu bestehenden Venues wie dem Olympiastadion, der Olympiahalle oder der Olympia-Regattaanlage auch urbane Plätze in temporäre Sportstätten verwandelt.

Stefan Schumm, Head of Marketing and Communications der European Championships Munich 2022, erklärt: „Wir wollen den Sport in die Stadt bringen und damit eine absolut einzigartige Atmosphäre entstehen lassen. Ein Highlight werden in dieser Hinsicht sicherlich die Wettkämpfe im Beachvolleyball und Klettern auf dem Königsplatz mitten in der Innenstadt. Wenn dort gegen 20 Uhr die Sonne untergeht, werden das für Zuschauerinnen und Zuschauer und für die Athletinnen und Athleten absolute Gänsehautmomente.“

Darüber hinaus haben die Organisatoren ein begleitendes Festival geplant, das in der Stadt allgegenwärtig sein soll. „The Roofs – Cultural Festival of Munich 2022 wird ein Festival der Vielfalt und Überraschung, mit dem wir drei große Ziele verfolgen“, erklärt Schumm: „Erstens wollen wir Angebote schaffen, um auch nicht-sportbegeisterte Münchnerinnen und Münchner von unserem Event zu begeistern.

Zweitens dient es der Sportförderung. Lokale Vereine bekommen die Möglichkeit, sich bei dem Sportevent auf großer Bühne zu präsentieren und durch aktive Mitmach-Angebote für ihre Sportart und ihren Verein zu werben. Drittens verfolgen wir das Ziel, neben dem Sport auch die Kunst, die Kultur und die Musik in unser Veranstaltungskonzept zu integrieren.“ Dass auch die lokale Wirtschaft von den European Championships profitieren wird, liegt auf der Hand. Allein für Athleten und Offizielle, die für das Sportevent nach München reisen werden, hat das LOC 100 000 Hotel-Übernachtungen geblockt.

Credits: European Championships / Jan Saurer.

Mammutprojekt: Host Broadcasting

Das selbstorganisierte Festival „The Roofs“ ist bei den European Championships jedoch nicht das einzige Großprojekt, bei dem man auf eine Selfmade-Lösung setzt. Auch das Broadcasting will man mit internen Ressourcen umsetzen und geht damit einen ungewöhnlichen Weg: Regie, Schnitt, Produktion und Broadcaster Servicing will man nicht an einen Spezial-Dienstleister abgeben; die Bereiche werden stattdessen vom eigenen Team koordiniert.

Benedikt Happe, Executive Producer, sagt: „Unsere Strategie birgt den großen Vorteil, dass alles aus einer Hand kommt. Im ersten Schritt bedeutet das zwar einen Mehraufwand. Der rechnet sich aber, wenn man an die In-Venue-Verwendung oder an Social Media denkt.“ Auch bei der technischen Planung und bei Aufbauten ließen sich so Kräfte und Ressourcen von der ersten Minute an bündeln. „Das hat nicht nur für uns Vorteile, sondern bietet auch bestmöglichen Service für die Rechtehalter vor Ort. Damit stemmen wir im Jahr 2022 übrigens auch eine der größten TV-Produktionen Europas“, so Happe weiter.

Wichtigster Medienpartner ist die European Broadcasting Union, die die Medienrechte an den European Championships hält. Für die TV-Übertragung in Deutschland bedeutet das, dass die European Championships in jedem Fall bei ARD und ZDF zu sehen sein werden. 2018 konnte man durch diese strategische Partnerschaft kumuliert 1,4 Milliarden TV-Zuschauer in 43 Ländern erreichen, was sicherlich aktuell ein starkes Argument bei der Sponsorensuche ist.

Sportevent als Business-Chance dank „Ausschreibungen in nahezu allen Bereichen“

Das Team des LOC wächst seit dem Herbst 2019 rapide. Aktuell arbeitet man mit rund 100 festangestellten Mitarbeitern, von denen ein Großteil im letzten halben Jahr angestellt wurde. Bis August 2022 soll das Team auf 150 Personen wachsen. Hinzu kommen zahlreiche Freelancer, temporäre Einsatzkräfte während des Events und bis zu 10 000 Volunteers. Schumm erklärt, dass man bei den European Championships nicht in allen Bereichen auf eine Inhouse-Lösung setzt: „Es gibt aktuell fast keinen Arbeitsbereich ohne laufende Ausschreibungen. Von Agenturen bis zum On-Event-Support ist alles dabei, was keinen Sinn macht, für ein Event selbst aufzubauen. Wir planen, die größten Themen im Spätsommer dieses Jahres vergeben zu haben.“

EHF EURO 2024: DHB plant Sportevent mit Weltrekord und setzt auf die Fans

Keyfacts

  • Termin: Januar 2024
  • Ort: Sieben Spielorte (Auswahl erfolgt am 10. Juni 2021)
  • Budget: 20 Millionen Euro
  • Besonderheiten: Rekordspiel und Fan-Spektakel als Ziel
  • Medienpartner in Deutschland: ARD und ZDF

Der Deutsche Handballbund (DHB) hat das „Jahrzehnt des Handballs“ ausgerufen: Junioren-WM 2023, Männer-EM 2024, Frauen-WM 2025 (gemeinsam mit den Niederlanden) und Männer-WM 2027 – alle diese Events finden in Deutschland statt.

Die Handball-Nation, die mit der Liqui Moly HBL die „stärkste Liga der Welt“ hat, will sich auch mit ihren Nationalmannschaften wieder ganz oben etablieren und an ruhmreiche Zeiten anknüpfen. Das WM-“Wintermärchen 2007“ und der EM-Titel 2016 lösten in Deutschland einen Handball-Hype aus, von dem der DHB auf allen Ebenen profitiert hat. Jetzt will sich der Verband im ersten Schritt als potenter Ausrichter der größten internationalen Handball-Wettbewerbe positionieren. Der zentrale Baustein ist dabei ohne Zweifel die Handball-Europameisterschaft im Januar 2024.

Sportevent als Investition in Reichweite und Begeisterung

Das Gesamtbudget der Männer-EM 2024 schätzen die DHB-Verantwortlichen auf rund 20 Millionen Euro. Da die Verträge mit den Ausrichter-Städten beziehungsweise den einzelnen Venues noch nicht fertig verhandelt sind, könne sich an dieser Größe aber noch einiges ändern. DHB-Vorstandsvorsitzender Mark Schober plant, die EHF EURO 2024 im Real-Case-Szenario mit einem Plus von unter einer Million Euro über die Bühne zu bringen, und glaubt bei seiner Kalkulation an die nachhaltigen Effekte der Veranstaltung:

„Wir haben nicht das Ziel, mit den Großveranstaltungen der nächsten Jahre reich zu werden. Ganz im Gegenteil tragen wir ein hohes finanzielles Risiko oder kalkulieren wie bei der Junioren-WM sogar Verluste ein. Wir wollen sportlich erfolgreich sein, möglichst viele Menschen erreichen und für unsere Sportart begeistern.“ Dazu seien Veranstaltungen im eigenen Land unerlässlich, betont Schober.

Die Vermarktung der TV- und Werberechte liegt bei der Europäischen Handballföderation (EHF), die sich mit einem 500-Millionen-Euro-Vertrag für insgesamt zehn Jahre an den Vermarkter Infront gebunden hat. Auf der dritten Partner-Ebene besitzt der DHB eigene Werberechte, die man gezielt als Barter-Geschäfte nutzen möchte, um die Kosten der Großveranstaltung zu senken.

Dies gelang in der Vergangenheit zum Beispiel mit MAN für den Transport oder Pixum für Druckmedien. Weiterhin wird der DHB Einnahmen durch Fördergelder der Länder und eine Ausrichter-Fee, die von den EHF-Einnahmen aus der Vermarktung von TV- und Werberechten abhängig ist, auf der Haben-Seite verbuchen können. Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle für den DHB ist jedoch das Ticketing.

90 Prozent der DHB-Einnahmen über Ticketing

Das Ticketing wird bei der Handball-EM 2024 neu gestaltet. Die EHF hat den kompletten Bereich an CTS Eventim vergeben, was aus Sicht von Mark Schober ein strategisch sinnvoller Schritt ist. „Bei der WM 2019 kamen neun von zehn Zuschauern aus Deutschland. Mit Eventim haben wir jetzt einen Partner an unserer Seite, der die internationale Distribution deutlich verbessern wird. Es muss unser Ziel sein, bei so einem internationalen Event auch ein internationales Publikum in die Arenen zu holen“, erklärt Schober. 

Da das Ticketing in der DHB-Kalkulation bis zu 90 Prozent der Einnahmen ausmacht, hofft der Verband auf eine größtmögliche Auslastung der Hallen. „Wir planen die größte EM, die es bisher gab. Alle Spiele – wohlgemerkt auch die ohne deutsche Beteiligung – finden in Venues mit mindestens 10 000 Zuschauerplätzen statt. In der Kommunikation und Werbung wird es unsere zentrale Herausforderung sein, diese Plätze zu füllen“, so der DHB-Vorstandsvorsitzende. Zusätzlich wolle man auf ein dynamisches Preissystem setzen, das sich der aktuellen Nachfrage anpasst und die Kontingente schrittweise freigibt.

Weltrekord in Düsseldorf

Einer besonderen Herausforderung will sich der DHB beim Eröffnungsspiel der EHF EURO 2024 stellen: In der Merkur Spiel-Arena, der Heimspielstätte von Fortuna Düsseldorf, will man mehr als 50 000 Personen die Möglichkeit geben, den Auftakt der Europameisterschaft live zu verfolgen. „Das wird nicht nur das bisher größte Handballspiel, sondern auch hinsichtlich des Rahmenprogramms ein echtes Spektakel. Unser Konzept für das Eröffnungsspiel war im EM-Vergabeverfahren ein zentrales Argument für den Kongress der EHF, sich für Deutschland zu entscheiden“, sagt Schober. Neben dem Eröffnungsspiel in Düsseldorf wird die EM in insgesamt sieben Städten ausgetragen. ARD und ZDF haben bereits im Jahr 2018 die Rechte für die Übertragung erworben. Nach SPONSORs-Schätzungen kosten die Übertragungsrechte rund zwei Millionen Euro.

Personell gilt es, die nötigen Ressourcen bereitzuhalten. Schober plant, während der Vorbereitungen der EM ein zwölfköpfiges Team neu beim DHB einzustellen, das eng mit der EHF und den Event-Verantwortlichen der einzelnen Venues zusammenarbeiten soll. Im „Jahrzehnt des Handballs“ könne man dem neuen Team im Verband eine langfristige Perspektive bieten, weil die Planungen der jeweiligen Folge-Veranstaltungen lückenlos starten.

UEFA EURO 2024 – Ein Sportevent der Superlative // „Neuauflage des Sommermärchens reicht nicht“ 

Keyfacts

  • Termin: Juni 2024
  • Orte: Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart
  • Erwartete Zuschauer: 2,5 Millionen
  • Medienpartner in Deutschland: Deutsche Telekom (Sublizenz ARD/ZDF und RTL)

Gäbe es ein Event-Quartett und hätte man die UEFA EURO 2024 auf der Hand, so könnte man sich in den Kategorien Zuschauerzahl, Reichweite oder Mitarbeiterzahl sicherlich beruhigt zurücklehnen. Das Mega-Event, das im Juni und Juli 2024 in zehn deutschen Städten und Stadien stattfinden wird, wirft schon heute seine Schatten voraus – obwohl die verschobene EURO 2020 noch nicht einmal ausgespielt ist.

Die Organisatoren stehen vor der Herausforderung, ein zeitgemäßes Großevent zu planen, das den Erwartungen vom „Sommermärchen 2006“ und komplett neuen Anforderungen gleichermaßen gerecht werden soll. Durch ein neues, integratives Kommunikationskonzept will man Stakeholder wie die Host Cities und andere Sportverbände von Beginn an eng in die Planung der Großveranstaltung involvieren.

EM-„Prämie“ von 15 Millionen Euro

Am 1. September soll das Joint Venture EURO 2024 GmbH, bei dem die UEFA Mehrheitseigner sein wird, offiziell seine Arbeit aufnehmen und sich unter anderem dem Thema Turnierfinanzierung widmen. Ein signifikanter Baustein in der Finanzierung ist dabei das Sponsoring. Die UEFA soll im Frühjahr 2022 mit der Ausschreibung für die nationalen Sponsoringpakete beginnen. Zuletzt hatte der Verband in den folgenden sechs Produkt- beziehungsweise Dienstleistungskategorien nationale Sponsoringrechte definiert:

  • Bankwesen
  • Versicherungswesen
  • Telekommunikationsdienste und -systeme
  • Personalwesen und Rekrutierungsdienste
  • Eisenbahnverkehr
  • Flugverkehr. 

Neben den nationalen Sponsoren, die lediglich ausgewählte Rechte im Ausrichterland erhalten, hat die UEFA natürlich noch eigene Partner an Board, die mit globalen Marketingrechten verbunden sind. Aktuell werben in diesem Rahmen fünf Unternehmen (Alipay, Booking.com, Fed Ex, Hisense und Volkswagen) auf der höchsten Sponsoringebene und sechs Unternehmen auf der zweiten Ebene des Verbands (Coca-Cola, Heineken, Qatar Airways, Lieferando, TikTok und Vivo).  Mit Alipay und Vivo sind bereits zwei Sponsoren sicher, die über die anstehende EM hinaus eine längerfristige Partnerschaft mit der UEFA bis 2024 eingegangen sind.

Eine erfolgreiche Vermarktung zahlt sich auch für den DFB und sein Organisations-Komitee aus. Neben einer zugesicherten EM-„Prämie“ von 15 Millionen Euro, soll im Fall einer organisatorisch und wirtschaftlich erfolgreichen Veranstaltung noch eine Bonuszahlung von weiteren 10 Millionen Euro von der UEFA an den DFB fließen. Neben den Sponsoringerlösen dürften  hier auch die Umsätze aus dem Bereich Hospitality entscheidend sein. Es ist zu erwarten, dass sich die UEFA an den Preisen der EURO 2020 orientiert, die zwischen 780 und 1200 Euro liegen. 

Neben den kommerziellen Erlösen des Events werden auch die Host Cities genauso wie Bund und Länder einen Beitrag zur Finanzierung leisten. Ein detaillierter Einnahmen- und Ausgabenplan existiert hier aktuell noch nicht, auch weil dieser auf den Erfahrungswerten der UEFA EURO 2020 in diesem Sommer aufbauen soll. Was dagegen schon feststeht, ist die Vergabe der Übertragungsrechte, die sich die Deutsche Telekom gesichert hat. Mit ARD und ZDF (34 von 51 Spielen) und RTL (übrige 17 Spiele) setzt man seitens der Telekom auf Sublizenzierungen für den Free-TV-Bereich.

Update für das DFB-Nachhaltigkeitskonzept

Spätestens seit den Bildern der verwahrlosten „weißen Elefanten“ – also ungenutzten Stadien – nach der WM 2010 in Südafrika oder 2014 in Brasilien ist das Thema Nachhaltigkeit sehr weit oben auf der DFB-Agenda angesiedelt. Markus Stenger, Geschäftsführer der DFB EURO GmbH, sieht für Deutschland naturgemäß keinerlei Probleme in diesem Feld: „Wir müssen in Deutschland weder Straßen noch Stadien neu bauen, da die bestehende Infrastruktur in einem Top-Zustand ist und fortlaufend genutzt und überprüft wird.“ Die Arenen haben ein Interesse daran, auch für andere Veranstaltungen konkurrenzfähig zu bleiben, und deshalb kaum Modernisierungsbedarf.

Ein neues Kapitel für das „Sommermärchen“

„Natürlich werden trotzdem in einigen Stadien Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen, für die die EURO als Motor dienen kann“, betont Stenger. Dabei setzt er auf einen kooperativen Austausch mit den zehn Venues und will gemeinsame Interessen nutzen: „Wenn das Turnier-Set-up der UEFA in einer Arena eine temporäre Baumaßnahme vorsieht, sprechen wir mit dem jeweiligen Betreiber darüber und erörtern, ob die temporäre Maßnahme auch dauerhaft sinnvoll sein kann.“ Es seien Konstrukte vorstellbar, in denen der Betreiber seine Arena durch die Umbaumaßnahme dauerhaft modernisiere und die UEFA den Anteil, den der temporäre Umbau die UEFA gekostet hätte, übernimmt. So könnten im Idealfall beide von einer nachhaltigen Lösung profitieren.

Eine weitere wichtige Komponente im DFB-Nachhaltigkeitskonzept für die EURO ist die Klimaneutralität. Sowohl im Stadion als auch auf den Fan-Meilen sollen konkrete Maßnahmen spürbar werden. Man wolle das Thema ganzheitlich angehen, anstatt nur Zertifikate zu erwerben, und sehe etwa im Bereich der E-Mobilität einen möglichen Fokus, so Stenger. Dabei sei es vor allem wichtig, die vorhandene Erfahrung der verschiedenen Stakeholder aus dem Mobilitätsbereich zusammenzuführen und sie miteinander zu vernetzen.

Nicht zuletzt will der DFB auch Nachhaltigkeitseffekte auf sozialer Ebene aus dem Event ziehen: „Deutschland soll als gesamter Sport-Standort profitieren. Damit meinen wir nicht nur einen Impuls für die Nachwuchsarbeit in den Fußballvereinen, sondern auch in anderen Sportarten. Deshalb sprechen wir zum Beispiel jetzt schon mit den Kollegen vom DHB, die 2024 ja ebenfalls eine Europameisterschaft in Deutschland austragen werden, oder mit Special Olympics Deutschland. Wir machen uns Gedanken darüber, wo man gegenseitig voneinander profitieren kann und welche Schnittmengen es gibt“, erklärt Markus Stenger.

Sportevent mit großem Erbe

2006 hat der DFB das ganze Land bewegt. Egal, wo man hingesehen hat – der Fußball war allgegenwärtig. Für mehr als vier Wochen fand eine internationale Fußball-Party in Deutschland statt, organisiert vom DFB in Eigenregie. Das schürt Erwartungen, denen man beim Verband gerecht werden will. Gleichzeitig hat man aber auch erkannt, dass sich seit 2006 vieles verändert hat. „Eine Neuauflage des ‚Sommermärchens‘ 2006 reicht nicht. Wir müssen zeigen, dass sich Deutschland weiterentwickelt hat und wir ein zeitgemäßes Turnier auf die Beine stellen können, das nicht im vorletzten Jahrzehnt stehengeblieben ist“, beschreibt Markus Stenger die zentrale Herausforderung in der Kommunikation der EURO.

„2006 war ein Turnier ohne Social Media und die Leute haben nach gutem Fußball gelechzt. Heute steht die Öffentlichkeit dem Fußball nicht unkritisch gegenüber. Unsere Aufgabe wird sein, die Nation davon zu überzeugen, dass der Fußball eine Menge für unser Land und unsere Gesellschaft leisten kann. Gleichzeitig hat die WM 2006 ein extrem großes Erbe hinterlassen, an dem wir gemessen werden.“

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt man bei dem Sportevent unter anderem auf einen frühen und offenen Austausch mit den Host Cities, um gemeinsame Ideen zu entwickeln, anstatt nur ein starres DFB-Konzept zu diktieren. So sollen die Städte die Möglichkeit bekommen, sich selbst individueller zu inszenieren und etwa in der Kommunikation einen selbstgewählten Fokus auf Nachhaltigkeit oder die Fan-Zone zu richten. Das International Broadcasting Center in der Leipziger Messe, das im vergangenen Jahr bereits nach einem transparenten Ausschreibungsprozess durch die UEFA ausgewählt wurde, sei ein Vorzeige-Objekt für den Erfolg dieses Ansatzes.

Die DFB EURO GmbH, die als Vehikel gegründet wurde, um beide EUROs zu planen und durchzuführen, arbeitet aktuell mit Fokus auf der EURO 2020. Wenn am 1. September 2021 das Joint Venture zur EURO 2024 die operative Arbeit aufnimmt, wird man dort mit einem Personalstamm von 15 bis 20 Personen starten und bis 2024 auf circa 1000 festangestellte Mitarbeiter wachsen. Hinzu kommen rund 15 000 Volunteers, bei denen erstmals ein gemeinsames Programm der Städte und Verbände ins Leben gerufen wird, und Projektteams in den Städten und Venues. Neben Philipp Lahm als Turnierdirektor sind Markus Stenger und Andreas Schär als Geschäftsführer der EURO 2024 GmbH gesetzt. Die Organisatoren planen, auf einige Fremdfirmen im Dienstleistungs- und Agenturbereich zurückzugreifen, die in den kommenden Jahren per Ausschreibung ermittelt werden sollen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert