„Sportmanagement studieren? Und was willst du später damit machen? Taxifahrer oder Kiosk-Besitzer?!“ Dieser Diskussion musste ich mich wie die meisten meiner Kommilitonen irgendwann einmal stellen. So einen richtigen Plan hatte ich nicht, als ich mich 2011 dazu entschieden habe, Sport zu studieren. Heute weiß ich: der Sport bietet vielfältige Berufe in einem spannenden und hoch-emotionalen Umfeld. Über die Maschinerie dahinter habe ich den Studiengangsleiter des Masterstudiengangs „Sportbusiness Management“ der IST Hochschule, Peter Ehnold ausgefragt.
Vereine in der 1. Fußball Bundesliga setzen nicht selten 3-stellige Millionenbeträge um, beschäftigen mehrere Hundert Mitarbeiter im Sportmanagement oder sind an der Börse notiert. Was sind die größten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Wirtschafts-Unternehmen, die keinen Sportbezug haben?
Ich würde hier zwei Hauptunterschiede herausheben wollen: (1) Vereine in der Bundesliga folgen der primären Zielstellung den sportlichen Erfolg zu maximieren. Wirtschaftlicher Erfolg – der für Unternehmen ja das übergeordnete Ziel markiert – stellt „lediglich“ ein Mittel dar, dieses Ziel zu erreichen. Dies gilt übrigens für alle Vereine in ganz Europa. Sehr deutlich wird dies in England, wo es anders als in Deutschland keine Beschränkung in der Übernahme von Anteilen gibt. Man spricht hier von Investoren, allerdings sind dies meist keine Investoren im klassischen Sinne, die eine hohe Rentabilität erwarten. Vielmehr geht es um Bekanntheit und Prestige. Im Vergleich dazu sieht es in Nordamerika ganz anders aus. Die Besitzer der Clubs sind hier Unternehmer im klassischen Sinn, welche eine wirtschaftliche Rendite erzielen wollen – übrigens ein Hauptgrund, warum die Überschuldungsproblematik in Nordamerika fast keine Rolle spielt.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu Unternehmen liegt (2) darin, dass sich Fans anders als Kunden verhalten. Ein Bsp.: Ein Schalke-Fan wird nicht zum Anhänger von Dortmund auch wenn Schalke absteigen sollte – wenn ihre präferiere Automarke hingegen häufiger technische Probleme aufweist, werden sie die Automarke wechseln. Oder denken sie an die Grenzen der Eventisierung sportlicher Wettkämpfe. Der Verein kann dem Fan alle Annehmlichkeiten bieten, die dieser im Sinne eines „Kunden“ erwarten kann. Zeigt die eigene Mannschaft allerdings ein schlechtes Spiel und verliert, wird der Fan, dass Stadion trotzdem mit einem unguten Gefühl und enttäuscht verlassen.
Gemeinsamkeiten gibt es natürlich auch. Da wirtschaftlicher Erfolg – oder sagen wir besser wirtschaftliche Stärke – für den sportlichen Erfolg von großer Bedeutung ist, gleichen sich zumindest die Vereine der ersten Ligen im Hinblick auf die Professionalisierung von Strukturen und Abläufen oder in Bezug auf die Vermarktung (Kommerzialisierung) von Leistungen Unternehmen an. Das hat letztlich auch Konsequenzen für das Personal, da sich die Anforderungen ändern, was durchaus eine Chance für Berufseinsteiger mit entsprechender Ausbildung darstellt.
Kann ein sportbegeisterter Wirtschafts-Boss auch das Management eines Bundesligisten handeln?
Ausgehend von seinem wirtschaftlichen Verständnis und seinem wirtschaftlichen Netzwerk auf jeden Fall. Hilfreich wäre es aber, wenn er selbst eine Sozialisierung durch den Sport erfahren hat, um sich z. B. der genannten Problematik von Fan vs. Kunde oder den Besonderheiten von Sportverbänden, mit denen der Verein interagieren muss, bewusst ist. Andernfalls kann es trotz wirtschaftlicher Expertise durchaus zu Konflikten mit anderen zentralen Entscheidern im Verein, mit Mitarbeitern oder Fans kommen.
Viele Profispieler versuchen nach ihrer aktiven Karriere den Sprung ins Sportmanagement. Woran kann das scheitern? Welche Vorteile haben die Ex-Profis?
Die Antwort fällt hier fast spiegelbildlich zur vorangegangenen Frage aus. Profisportler sind im Sport sozialisiert, verfügen in der Regel über sportspezifisches Spezialwissen und Netzwerke und – oft ganz wichtig – haben „Stallgeruch“. Wollen sie aber im Management erfolgreich Fuß fassen nützt ihnen dies im Normalfall nur insofern etwas, wenn sie auch entsprechendes betriebswirtschaftliches Wissen aufweisen – was in der Regel an ein Studium oder eine vergleichbare Ausbildung gebunden ist.
Denken Sie, dass das Sportmanagement ein wachsender Berufszweig ist? Warum?
Schaut man sich aktuelle Zahlen an, dann gehen ca. 3% aller Erwerbstätigen in Deutschland einer sportbezogenen Beschäftigung nach. Der Markt weist zwar gegenwärtig keine hohen Wachstumszahlen auf, hat sich aber auf diesem hohen Niveau etabliert. Darüber hinaus ist jedoch nicht nur die reine Anzahl der Stellen interessant, sondern es gilt auch Verdienstmöglichkeiten und Reputation der Stellen zu betrachten. Aufgrund der Professionalisierung im Sport scheint hier die Entwicklung weiter positiv zu verlaufen.
Wenn man an Sportmanagement denkt, denkt man automatisch an die 1. Fußball Bundesliga. Welche spannenden Tätigkeitsfelder hält die Branche sonst noch bereit (auch nicht direkt auf Sport-Seite)?
Die Sportbranche ist sehr vielfältig und der Profisport nur die Spitze des Eisberges. So gibt es viele Agenturen, Behörden privat Unternehmen oder auch Sportmedien, wo Sportmanagementabsolventen arbeiten können. Viele sehen zunächst nur die Fußballvereine, doch diese Arbeitsplätze sind schon aufgrund der geringen Anzahl an Vereinen stark limitiert. Einer der größten Arbeitgeber im Sport ist tatsächlich der Staat bzw. die öffentliche Hand, was viele gar nicht wissen. Aber auch viele Unternehmen aus sportfremden Branchen (bspw. die Automobilbranche) haben eigene Abteilungen, die sich mit Sportthemen auseinandersetzen (bspw. Marketingabteilungen).
Für viele Fans wäre es ein großes Privileg, so nah am Verein zu sein, wie das „Team hinter dem Team“. Welche Schattenseiten bringt das Sportbusiness mit sich? Welche Risiken kennen Sie?
Dies ist glaube ich sehr abhängig vom konkreten Berufsfeld. Das Sportbusiness gibt es ja nicht. Wenn ich das richtig verstehe, zielt die Frage konkret auf die Spitze des Eisberges, also die Stellen im Profisport ab. Hier kann ihre Stelle ggf. sehr abhängig von sportlichen Erfolg sein. Bleibt dieser aus fehlen finanzielle Einnahmen, was dann auch zu Stellenkürzungen oder Neubesetzungen führen kann. Ausbleibender Erfolg stellt natürlich auch für Wirtschaftsunternehmen eine Gefahr dar und kann auch hier zu Personalabbau führen. Allerdings ist sportlicher Erfolgt im Vergleich zu wirtschaftlichem Erfolg noch weniger planbar und dazu noch härter umkämpft – es gibt schließlich immer nur einen Gewinner.
Wie sieht das Berufsfeld Sportmanagement in 50 Jahren aus? In welchen Bereichen ist aktuell viel Bewegung?
Das weiß glaube ich keiner. 50 Jahre sind ein viel zu langer Zeithorizont für verlässliche Prognosen. Ganz allgemein würde ich davon ausgehen, dass der professionelle Sport wie bisher auch, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Trends zeitverzögert aufgreift und sie dann durchaus für sich nutzbar macht. Nehmen wir das aktuelle Beispiel der Digitalisierung: Hier sehen wir auch im professionellen Sport, dass Digitalisierung in vielen Bereichen, wie z.B. Spielanalyse, Vermarktung, Merchandising, CRM und natürlich im Bereich der sozialen Medien nicht mehr wegzudenken ist und damit auch den Rahmen setzt, welche Anforderungen an Sportmanager gestellt werden. Welche Anforderungen das aber in 50 Jahren sein werden, das kann ich nicht beantworten.
Über Prof. Dr. Peter Ehnold
Prof. Dr. Peter Ehnold ist seit 2016 Professor für Sportökonomie und Sportsoziologie an der IST Hochschule Düsseldorf und leitet den Master-Studiengang Sportbusiness Management. In der Lehre hat er sich u.a. auf Vereinsmanagement und internationale Sportökonomie spezialisiert.